Faktencheck ePA
Am 09.11.2023 fand die erste Debatte zu den neuen Digitalisierungsgesetzen im Bundestag statt. Kernelement ist die zwangsweise Einführung der elektronischen Patientenakte (ePa) ab 2025.
Alle Fraktionen im Bundestag (mit Ausnahme der Linken und der AFD) zeigten sich begeistert. Stellen wir Ihre Aussagen auf den Prüfstand:
Dr. Andrew Ullmann, FDP
Die ePa schafft „wichtige Zeit für Patientinnen und Patienten, die heute so oft fehlt“.
Dr. Edgar Franke, Bundesgesundheitsministerium
„Fachkräfte im Gesundheitswesen werden rar. Sie sind nicht durch Digitalisierung zu ersetzen, aber Digitalisierung sollte ihre Arbeit erleichtern“, sagte er. Die ePa „schafft Zeit und reduziert Bürokratie“.
Fakt ist:
Die mit 10 Euro vergütete Erstbefüllung er ePA wird je nach Zahl der hochzuladenden Dokumente sicherlich erhebliche Zeit in Anspruch nehmen. Veranschlagt sind vom Gesetzgeber derzeit 10 Minuten. Nach unabhängigen Untersuchungen dauert der durchschnittliche Arzt-Patienten-Kontakt in Deutschland derzeit 7,6 Minuten. Für die zwangsweise Erstellung der eAU und ab Januar auch des eRezeptes fallen Berechnungen zufolge nochmal 2×1 Minute an. Da können Sie sich selbst ausrechnen, wieviel Zeit für Ihr gesundheitliches Problem der Arzt noch für Sie persönlich haben wird.
Der gleiche Politiker sagt Folgendes:
„In der Vergangenheit haben Ärztinnen und Ärzte zurecht die Digitalisierung kritisiert oder gar oft abgelehnt, nicht aus ideologischen Gründen, sondern aus der Sorge, dass Patientendaten nicht sicher sind. Datensicherheit wird aber mit diesen Gesetzen gewährleistet“.
Fakt ist:
In die ePA können alle Arten von Dokumenten inklusive Daten aus Fitnesstrackern oder auch Word-Dokumente hochgeladen werden. Insbesondere Word-Dokumente gelten als extrem unsicher, weil oft Trojaner oder Ähnliches in ihnen versteckt sind. Wenn also der Arzt zum Beispiel ein Word-Dokument auf er ePA öffnet, installiert sich im Praxisnetzwerk gegebenenfalls unbemerkt Schadsoftware.
Dr. Erwin Rüddel, CDU
„Die Digitalisierung im Gesundheitswesen jetzt mit der flächendeckenden Einführung der ePA verbessert unser System erheblich“.
Heike Baehrens, SPD
„Heute starten wir den Digitalisierungs-Turbo, um die Gesundheitsversorgung in diesem Land weiter zu verbessern“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin Heike Baehrens. Die ePA werde die medizinische und pflegerische Versorgung spürbar leichter und besser machen.
Fakt ist:
Die ePA frisst massenhaft Arztarbeitszeit, die für die Versorgung dringend gebraucht wird. Nicht nur das Befüllen kostet Zeit. Viel mehr Zeit kostet das Auslesen. Dies muss der Arzt persönlich machen (ist nicht delegierbar). Er findet eine lose Dokumentensammlung, die nicht verschlagwortet ist. Das ist Digitalisierung auf Steinzeitniveau. Er ist verpflichtet, alle Dokumente anzusehen, weil er sich sonst eines Befunderhebungsfehlers schuldig macht (Haftungsrisiko). Der Arzt kann sich aber gar nicht sicher sein, alle wichtigen Dokumente zu finden, da der Patient die Datenhoheit hat und Dokumente beliebig löschen oder die Einsichtnahme für einzelne Ärzte löschen kann.
Dr. Anne Christmann, Grüne
Sie bezeichnete die beiden Gesetze als „Neustart im Gesundheitswesen“ und als „Fortschritt für die Forschung, die Versorgung und für Patientinnen und Patienten“. Sie seien ein Gesamtpaket mit Strategie. Christmann hob vor allem die Bedeutung des Forschungsdatenzentrums hervor.
Maximilian Funke-Kaiser, FDP
„Es ist Aufgabe einer zukunftsorientierten Politik, ein gesundes Gleichgewicht zwischen Datenschutz, Datensicherheit und Datennutzung zu schaffen. Die eigentliche Frage laute nicht, wie es ethisch verantwortbar sei, Gesundheitsdaten zu nutzen, sondern wie es man es ethisch verantworten könne, sie nicht zu nutzen.
Kathrin Vogler, Linke
Bezeichnet die Opt-out-Lösung als „unverantwortlich“. Es gebe ein unermessliches internationales kommerzielles Interesse an Gesundheitsdaten. „In Ihrem Gesundheitsdaten-Bullerbü gibt es offenbar keine Datenlecks und keine Hacker“. „Die Linke steht auf dem Standpunkt, dass Patientendaten in Patientenhand gehören“.
Kai-Uwe Ziegler, AFD
Es sei eine maßlose Untertreibung, dass Daten das neue Öl seien. Gesundheitsdaten seien viele Millionen Euro wert.
Fakt ist:
Die Daten auf der ePa sollen nicht nur für die unmittelbare medizinische Versorgung genutzt, sondern außerdem den Krankenkassen, der Forschung und auch für kommerzielle Nutzung zur Verfügung gestellt werden. Das heisst: Wenn ein Hersteller von Nahrungsergänzungmmitteln für Diabetiker durch Nutzung der Daten erfährt, daß Sie einen Diabetes haben, werden Sie sich über entsprechende Werbung freuen können.
Darüber hinaus ist seitens der EU der europäische Datengesundheitsraum in Planung, in dem die Daten aller EU-Bürger gesammelt werden sollen.
Matthias Miewes, SPD
„Wir machen das Leben einfacher“-Gesetze“
Die zwangsweise Einführung der ePA bewirkt das genaue Gegenteil:
- Immer mehr Arztarbeitszeit wird für administrative Zwecke gebunden und steht nicht mehr für die Patientenversorgung zur Verfügung.
- In der momentan angebotenen Form ist die ePA nicht mehr als eine lose Blattsammlung von Dokumenten ohne Suchfunktion und ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Somit ist sie für den behandelnden Arzt nutzlos.
- Es besteht ein riesiges Sicherheitsrisiko für das Einschleppen von Schadsoftware in die Softwaresysteme der Praxen. In diesen werden bis jetzt die intimsten Daten der Bürger sicher verwahrt.
- Es ist nicht ersichtlich, wie die intimsten Daten der Patienten geschützt werden sollen, wenn es immer mehr schon offiziell Zugangsberechtigte auf der Cloud gibt – von Hackerangriffen mal ganz zu schweigen.
- Mit der ausdrücklich gewünschten Nutzung der Gesundheitsdaten auch für kommerzielle Zwecke dürfte viele Patienten nicht einverstanden sein.
Die ePa in der jetzt bestehenden Form ist ein nutzloser und gefährlicher Zeitfresser, der die medizinische Versorgung in unserem Land massiv verschlechtern wird.
Einfacher wird das Leben aber auch, und zwar für alle Datenhungrigen bei den Krankenkassen, in der Industrie, bei den bösen Buben …..
Die Zitate sind der Berichterstattung des änd zur gestrigen Bundestagsdebatte auszugsweise entnommen.